Seminar zu Ausschreibungen der ADB

Rückschau auf die Veranstaltung "Geschäftschancen für deutsche Unternehmen – Ausschreibungen der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB)"


EIN GASTBEITRAG DER OAV - GERMAN ASIA-PACIFIC BUSINESS ASSOCIATION
 

Der Gesamtauftragswert, mit dem die ADB Projekte ihrer 40 Mitgliedsstaaten finanziert, überstieg im Jahr 2017 15 Milliarden US-Dollar. In den Transportsektor fließt mit 29 Prozent des Finanzierungsvolumens der größte Anteil an Krediten und Zuschüssen. In diesem Sektor wie den anderen Infrastruktursektoren eröffnen sich interessante, aber noch zu wenig genutzte Geschäftschancen für deutsche mittelständische Exportunternehmen und Consultants. Nach bereits zwei gut besuchten Seminaren zu ADB-Ausschreibungen für den deutschen Mittelstand im Herbst 2016 in Hamburg und im Herbst 2017 in München öffnete am 28. November das OAV-Mitglied AKA Ausfuhrkreditgesellschaft mbH ihr Haus in Frankfurt für ein drittes Seminar.

Bei diesem Event, organisiert vom EZ-Scout Programm und dem OAV in Kooperation mit der ADB und Germany Trade & Invest (GTAI), informierten sich rund 25 mittelständische Unternehmen über Beschaffungsbedarf und -verfahren der ADB.

Asia-Pazifik-Region und die Megatrends…

Den Auftakt des Seminars machte Dr. Joachim Glasenapp, Direktor Business Line Water & Environment der H.P. Gauff Ingenieure GmbH & Co. KG, mit seinem Einführungsvortrag über Geschäftschancen für deutsche Unternehmen bei ADB-Ausschreibungen in der asiatisch-pazifischen Region. Im 21. Jahrhundert, das aufgrund des enormen Bevölkerungswachstums, der großen Wirtschaftskraft, des starken Innovationsgeistes und der ungeheuren Urbanisierung Asiens auch das „asiatische Jahrhundert“ genannt wird, treten dort durch die Wirtschaftsentwicklung bedingte Megatrends wie extreme Luftverschmutzung, Dauerstaus und Vergiftung von Rohwasser und Nahrungsketten auf. Die Entwicklungsländer unter den ADB-Mitgliedsstaaten zeichnen sich durch einen außergewöhnlich hohen Bedarf am Ausbau adäquater Infrastruktur zur Lösung dieser Probleme bei gleichzeitiger Berücksichtigung von Nachhaltigkeit und Transparenz aus und so sind dort entsprechende Megaprojekte in Vorbereitung und in Umsetzung.

Für den Zeitraum von 2016-2030 sind laut ADB (2017) jährliche Investitionen in Höhe von ca. 1,74 Milliarde US-Dollar notwendig, um die erforderlichen Infrastrukturmaßnahmen umzusetzen. Dr. Glasenapp zeigte die unterschiedlichen Finanzierungs- und Vergabearten mit ihren Chancen und Risiken auf. Deutsche Unternehmen, auch Konzerne, spielen seit geraumer Zeit keine Rolle mehr als Generalunternehmer. Er betonte aber, dass Ausschreibungen zu ADB-finanzierten Projekten deutschen Mittelständlern, namentlich Consultants, Baufirmen und Herstellern von hochwertigen Komponenten einen geeigneten Zugang zu großen Infrastrukturprojekten in Asien bieten.

Stategie 2030…

In einem kurzen Überblick stellte die stellvertretende Beauftragte der Europäischen Repräsentanz der ADB,  Frau Samantha Hung, die Asiatische Entwicklungsbank und ihre „Strategie 2030“ für mehr Wohlstand, Inklusivität, Belastbarkeit und Nachhaltigkeit in der asiatisch-pazifischen Region sowie die sieben operativen Schwerpunkte der ADB vor.

Welche Änderungen sich aus der neuen Strategie der ADB für Unternehmen ergeben, die sich an ADB-Ausschreibungen beteiligen, erläuterte der Gruppenleiter Sektoren der ADB, Dr. Robert Guild. Er stellte ausführlich die Trends in den vier Infrastruktursektoren Transport, Energie, Stadtentwicklung und Wasser vor. Weitere Sektoren, zu deren Trends er informierte, waren ländliche Entwicklung und Ernährungssicherung, Bildung und Ausbildung sowie Gesundheit. Dabei zog er die Verbindung zu den neuen operativen Schwerpunkten der ADB.  Gemäß des Seminarschwerpunkts beleuchtete er den Transportsektor besonders ausführlich und stellte den Teilnehmern einen umfangreichen, konsolidierten Projektbestand für die entsprechenden Infrastruktursektoren und die drei anderen Sektoren zur Verfügung.

Details und praktische Tipps zum ADB-Ausschreibungsverfahren…

Kevin Moore, Abteilungsleiter Beschaffung, Portfolio und Finanzmanagement der ADB, bot den Unternehmen eine bedarfsgerechte Anleitung und nützliche Hinweise zur Identifizierung geeigneter Projekte und zur Teilnahme an diesbezüglichen Ausschreibungen. Dabei unterstrich er, dass sich ADB-finanzierte Projekte durch mehrere Vorzüge auszeichnen:  Zugang zu Geschäftschancen verschiedener Sektoren in schnellwachsenden Entwicklungs- und Schwellenländern, gesicherte Fondsverfügbarkeit und Anwendung eines international anerkannten, in Bezug auf Transparenz, Fairness und Korrektheit risikominimierten Beschaffungsverfahrens. Er gab einen Überblick zu den verschiedenen Sparten innerhalb des Bereichs Lieferungen & Bauleistungen und zu seinem jährlichen Auftragsvolumen.  Der Anteil deutscher Unternehmen, die Ausschreibungen in ADB-finanzierten Projekten gewonnen haben, liegt sowohl im Bereich Lieferungen & Bauleistungen als auch im Bereich Consulting Services unter 5 Prozent. Die bei diesen Projekten erfolgreichsten deutschen Lieferanten und Bauunternehmen sowie Consulting-Unternehmen wurden vorgestellt. Des Weiteren wurde die Dreierbeziehung zwischen ADB, den beauftragenden Regierungsstellen und den beauftragten Unternehmen erläutert.

Die wachsende Kreditvergabe, steigender Investitionsbedarf der Entwicklungsländer unter den ADB-Mitgliedsländern, die Harmonisierung mit anderen Entwicklungspartnern und die Notwendigkeit eines effizienteren Beschaffungssystems machten die Reformierung des Beschaffungsverfahrens erforderlich. Die neue Beschaffungsstrategie zielt auf ein flexibles, grundsatzbasiertes und nach Kriterien ausdifferenziertes Bieterverfahren ab. Die Beschaffungsplanung basiert auf einer robusten Bedarfs- und Risikobewertung. Zu den Kerngrundsätzen Wirtschaftlichkeit, Effizienz, Fairness und Transparenz sind nun Qualität und Preis-Leistungs-Verhältnis hinzugekommen. Es folgte ein Überblick über die wichtigsten Veränderungen des Bieterregelwerks bei Lieferungen & Bauleistungen wie u.a. die Zulassung alternativer Bewertungsmethoden und bei Consulting Services wie u.a. Verbesserungen bei der Vorauswahl und der Wegfall der Bedingung des Einsatzes von Consultants aus den Entwicklungsländern der ADB-Mitgliedsstaaten. Kevin Moore führte in die wichtigsten Aspekte der ADB-Beschaffungsregelungen ein und erläuterte, dass es sich um ein international bewährtes Ausschreibungsverfahren handelt. Bei Lieferungen & Bauleistungen wird das „wettbewerbsorientierte Ausschreibungsverfahren“ und bei den Consulting Services das „Qualitäts- und Kosten-basierte Auswahlsystem“ als Beschaffungsmethode von der ADB bevorzugt. Es folgte die Erklärung der beiden Beschaffungsmethoden und die Erläuterung der jeweiligen Standard Verdingungsunterlagen.

Die Teilnehmer erfuhren, wie sie geeignete Geschäftsmöglichkeiten bei Lieferungen & Bauleistungen und bei Consulting Services anhand der ADB-Website und des ADB Consultant Management Systems (CMS) für ihr Unternehmen identifizieren und verfolgen können. Bei einer langfristigen Vorgehensweise bietet sich interessierten Unternehmen die „Country Partnership Strategy“, bei mittelfristiger der „Country Operations Business Plan“ und bei kurzfristiger Vorgehensweise der „Project Procurement Plan“  sowie die verschiedenen Beschaffungsbekanntmachungen zu  geeigneten Ländern an.  Beim Einstieg in Geschäfte mit ADB-finanzierten Projekten bestehen für mittelständische Unternehmen bessere Geschäftsmöglichkeiten, wenn sie als Sub-Unternehmer bei Auftragnehmern, die Zuschläge gewonnen haben, oder bei vorqualifizierten Auftragnehmern fungieren.

Bei Consulting Services gab er für die Angebotserstellung, Auftragsdurchführung und abschließende Auftragsbewertung seitens der ADB nützliche Ratschläge und Hinweise und betonte noch einmal die Möglichkeit, in Partnerschaft mit einem bereits in der engeren Auswahl befindlichen Unternehmen zu bieten. Bei Lieferungen & Bauleistungen empfahl er bei der Projektauswahl strategisch vorzugehen und gab Ratschläge und Hinweise zur Erstellung des Gebots. Es folgte eine lebhafte Debatte.

GTAI-Informationen…

Das Informationsangebot der GTAI, der bundesdeutschen Wirtschaftsförderungsgesellschaft, im Allgemeinen und speziell zu Asien, vor allem zu Entwicklungsprojekten und Ausschreibungen, wurde von Kirsten Hungermann, Bereichsleiterin Entwicklungszusammenarbeit & Öffentliche Aufträge der GTAI präsentiert. Informationen zu Zielmärkten, Analysen, Prognosen sowie Sonderpublikationen zu Asien und Sonderseiten zu Asien-Pazifik und Seidenstraße umfassen das GTAI-Angebot. Wichtig ist die Projekt- und Ausschreibungsdatenbank der deutschen bilateralen und internationalen Entwicklungszusammenarbeit mit ihren tagesaktuellen Online-Informationen sowie Hinweisen zu Projekt- und Ausschreibungsmeldungen. Sie verwies auf den deutschsprachigen individuell konfigurierbaren und kostenlosen Newsletter „Tenders & Projects Daily“.

Best Practice…

Im Erfahrungsbericht von Krisztian von Treuenfels-Gergely, Senior Associate der Munich Airport International GmbH (MAI), Tochtergesellschaft der Betreibergesellschaft des Flughafens München wurde MAI‘s Dienstleistungsportfolio, bestehend aus Beratung, Flughafenmanagement und Trainings, vorgestellt. Er verglich die Gewinnung von Aufträgen durch privatwirtschaftliche Ausschreibungen mit denen von Nationalregierungen und von multilateralen Entwicklungsbanken. Letztere bieten viele Vorzüge wie u.a. den Zugang zu Projekten und Ländern, die ansonsten schwer erreichbar sind, aber neben handfesten wirtschaftlichen Vorteilen auch Vorteile bezüglich der Nachhaltigkeit aufweisen. Bei der MAI werden die wöchentlichen Benachrichtigungen des Consultant Management System (CMS) der ADB als effizienteste Informationsquelle eingeschätzt. MAI analysiert die nach Sektoren kategorisierten Benachrichtigungen genau und findet es auch lohnend die Benachrichtigungen zu den multisektoralen und unkategorisierten Projekten zu prüfen.  Er teilte etliche seiner Erfahrungen in Bezug auf Erfolgsaspekte bei der Angebotserstellung mit den Teilnehmern.

Bernd Hindelang, Vizepräsident Sales Large Hydro der Andritz Hydro GmbH, stellte das Unternehmen, einen global führenden Anlagenlieferanten und Systemanbieter für Wasserkraft, Papier- und Zellstoff sowie für Feststoff- und Flüssigkeitstrennung, vor. Unter dem Motto „from water-to-wire“ verfügt das Unternehmen über 175 Jahre Erfahrung im Turbinengeschäft. Er stellte die Erfahrungen des Unternehmens mit Ausschreibungen von zwei komplexen ADB-finanzierten Wasserkraft-Projekten in Zentralasien vor, und zwar die Vorgehensweise und die durchschnittlichen bis zu zweijährigen Zeitpläne, von Machbarkeitsstudie bis zur Auftragserteilung. Er präsentierte die Projekte und die ADB-Beschaffungsregelungen sowohl zu einem einstufigen, Zwei-Umschlag- Vergabeverfahren sowie zu einem zweistufigen Vergabeverfahren. Abschließend beleuchtet er exemplarisch die Herausforderungen und erläuterte den umfangreichen Katalog an Erfahrungen beim Bieten von komplexen ADB-finanzierten Projekten.

In den Kaffee- und in der Mittagspause nutzten die Teilnehmer intensiv die Möglichkeit des persönlichen Austausches untereinander und mit den Referenten. Gut nachgefragt waren auch die vor Beginn und im Anschluss an die Veranstaltung ausgemachten individuellen Einzelgespräche mit den ADB-Vertretern Dr. Glasenapp und Kirsten Hungermann.

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